Es ist vielleicht ein wenig hochgegriffen, Andreas Dreichel als die Lebensversicherung des TSV Victoria Clarholz zu bezeichnen. Doch diese Formulierung kommt der Bedeutung, die der Offensivmann für den Fußball-Westfalenligisten hat, schon sehr nahe. Satte 13 Tore hat der 28-Jährige seit seiner Rückkehr ins Holzhofstadion bereits erzielt. Und hat damit großen Anteil an der bislang so guten Serie des Clubs.
Wirft man einen Blick auf den Werdegang
von Andreas Dreichel und Victoria Clarholz in den vergangenen Jahren,
wird man den Eindruck nicht los, dass eine Art gegenseitige Abhängigkeit
beide Parteien verbindet. Dreichel hat es in früheren Jahren bereits
beim SC Verl probiert, dort sogar bei vier Kurzeinsätzen
Regionalliga-Luft geschnuppert, war zuletzt mit Zwillingsbruder Eugen
beim SC Delbrück. Erfolgreich war er aber immer nur in Clarholz.
Und seine Victoria? Hatte in der
vergangenen Spielzeit – ohne Dreichel – einige Probleme, musste lange um
den Klassenerhalt bangen, nur um eine Saison später – mit Dreichel –
eine erstaunlich solide Hinrunde zu spielen, an deren Ende Platz sieben
stand. Viel mehr kann der Club in dieser Liga nicht erwarten.
Manchmal, so erzählt es Andreas Dreichel
an diesem Freitagnachmittag, trauere er schon noch ein wenig den
vergebenen Möglichkeiten nach, sich im höherklassigen Fußball zu
behaupten. „Vielleicht“, sagt er und denkt dabei vor allem an die Zeit
beim SC Verl, „hat mir da die Durchsetzungskraft gefehlt.“ In der Saison
2009/2010 spielte Dreichel unter anderem an der Seite von Jannik
Schröder oder auch Kevin Freiberger – der eine hat es in Verl gepackt,
der andere ist mittlerweile sogar in der dritten Liga, beim VfL
Osnabrück. Dreichel dazu: „Ich hätte es vielleicht auch schaffen
können.“ Er sagt aber auch: „Diese Zeit ist vorbei.“ Nachtrauern klingt
anders. Dreichel wirkt glücklich, fußballerisch ist er endgültig
angekommen. Bei der Victoria, bei seinen „Clarholzer Jungs“.
Warum es unter Trainer Frank Scharpenberg
jetzt so gut läuft? „Das ist hier wie in einer Familie“, antwortet
Dreichel. In Clarholz spüre er keinen Druck, sagt er. Das war bei seinen
vorherigen Clubs anders. „Da musste ich unbedingt.“ Mittlerweile muss
er nicht mehr – und tut es erst recht.
Verwechslungs- und Torgefahr bei Victoria
Es klingt beinahe wie eine Drohung. In der kommenden Saison wird
auch Eugen Dreichel, Zwillingsbruder von Andreas und gerade erst vom SC
Delbrück zum SV Avenwedde gewechselt, im Trikot von Victoria Clarholz
spielen.
Wie Andreas ist auch Eugen Dreichel in der
Offensive zuhause. „Wir sind halt Zwillinge“, sagt Andreas Dreichel
lächelnd und zuckt mit den Schultern. Kurz darauf erzählt er eine
Anekdote aus der vergangenen Spielzeit, als beide noch in Delbrück
waren. „Da habe ich gefoult und hatte schon Gelb – doch der
Schiedsrichter zeigte Eugen die Karte.“ Also sollen die
Dreichel-Zwillinge demnächst für Verwechslungs- und Torgefahr sorgen.
Auf die Clarholzer Kontrahenten warten zweifellos knifflige Aufgaben.
Doch das ist noch Zukunftsmusik. An die
nächste Saison denken Andreas Dreichel, der mit seiner Frau Svetlana und
zwei Kindern in Rheda-Wiedenbrück lebt, und seine Mannschaftskollegen
noch lange nicht. 22 Punkte und Platz sieben sind zwar eine gute
Voraussetzung für eine erfolgreiche Rückserie, aber keine Garantie für
den erneuten Verbleib in der Westfalenliga.
„Wir müssen so viele Punkte sammeln, dass
es zum Klassenerhalt reicht. Danach kann man immer noch weitersehen“,
sagt Andreas Dreichel. Wenn er allerdings seine Tor-Quote beibehält,
sollte das anvisierte Saisonziel früh erreicht sein. 13 Treffer hat er
schon – das ist Ligaspitze.
Wie oft er noch jubeln wird? Andreas
Dreichel grinst. „Da läuft eine kleine Abmachung mit dem Trainer“,
erklärt der Offensivspieler. Wenn er auf 20 Tore kommt, gibt‘s ein
Präsent von Frank Scharpenberg. Vor ein paar Jahren gab es bereits neue
Badelatschen. „Die habe ich also schon“, sagt Dreichel. „Aber neue
Fußballschuhe wären ganz gut.“